Wer mir hier folgt, weiß: ich bin kein Taschennäher (und ganz grundsätzlich keine Taschensammlerin). Schon länger hatte ich allerdings überlegt, meiner Schwester zum Geburtstag eine Tasche zu nähen. Das Freebook »Der andere Rucksack« aus Oilskin sollte es werden, nachdem ich so viele schöne Beispiele gesehen hatte. Zumindest damit war ich wieder in meiner Komfortzone: dem Hype um den Rucksack weit hinterher, Dinge aus relativ teurem Material nähen, die ich vorher noch nie gemacht und vernäht habe, und den Zeitplan schon vor Beginn hoffnungslos gesprengt. Läuft.
Nach einer kurzen Online-Recherche, wo man in Österreich Oilskin bekommen könnte, landete ich beim Wiener Stoffsalon und weil irgendwas am Rucksack auf jeden Fall Türkis werden sollte, war ich schnell fest entschlossen, es müsse unbedingt genau dieses türkise Gurtband mit den Kupferfäden werden. Und der Innenstoff ein türkisgrüner fester Baumwollstoff mit Dackeln.
Welche Farbe des Oilskins da nun dazu passen würde, war mir weniger klar. Gut, man hätte auch mit der Wahl des Oilskins – immerhin der Part, den man von außen primär sieht – anfangen können. Wäre ja aber langweilig, oder? Zunächst hatte ich im Online-Shop einen Oilskin mit der Farbbezeichnung »Storm« überlegt. Glücklicherweise griff ich dann doch zum Telefon und rief im Stoffsalon an. Mache ich normalerweise nie – ihr seht: dieses Projekt war die absolute Ausnahme – vollkommen unbekanntes Terrain.
Alexandra vom Stoffsalon hatte schnell raus, dass ich das Gurtband ins Herz geschlossen hatte (zumindest unter Stofffreaks versteht man sich offenbar), aber der ausgesuchte Farbton, nein, der passe da nicht dazu, zu grünlich. Also doch lieber eine Kontrastfarbe: der Bio Dry Oilskin in »Rust« war Alexandras eindeutige Empfehlung. »Der sieht richtig geil dazu aus.« Gekauft, wo sie recht hat, hat sie recht!
Da saß ich nun, und studierte erst mehrmals Anleitung(en) und youtube-Videos. Immerhin würden es gleich mehrere »erste Male« sein: Rucksack nähen, Oilskin, Endlosreißverschluss. Immerhin gibt es inzwischen auch ein paar zusätzliche Varianten des anderen Rucksack. Einmal angefangen, ging das Nähen nach der Video-Anleitung aber sehr gut. Auch wenn ich immer wieder kreative Pausen brauchte, um die einzelnen Schritte auch wirklich durchzudenken und zu überlegen, ob ich nach Original nähen, oder doch eigene Änderungen wollte. Möglichkeiten gäbe es ja genug: Höhe der Seitentaschen, Innenleben, Rückenverstärkung, Trägerdesign.
Den Rücken habe ich mit Vlieseline (Volumen 280) verstärkt und abgesteppt (V is vor victory), was ich für etwas mehr Komfort beim Tragen und auch für die Standfestigkeit des Rucksacks empfehlen kann. Vorne habe ich nicht die aufgesetzte Tasche genäht, die »Variante 1« hat für meinen Geschmack einen viel cleaneren Look (und ist einfacher zu nähen). Das Innenleben habe ich mit den beiden Taschen ähnlich gestaltet, wie es Lee von »Mein anderes ich« im Video zeigt. Das Stück Oilskin habe ich hier auf den inneren Rückteil aufgenäht, nach der Art der Seitentaschen und eben ein klein wenig nach oben versetzt, damit nicht noch eine Lage mehr Stoff unten in der Naht ist – da kommt nun mit der Vlieseline ohnehin schon eine ordenliche Lage Stoff unter der Nähmaschine zusammen. Genäht habe ich übrigens alles mit Microtex-Nadel und die alte Bernina-Dame hat wie immer klaglos ihren Job gemacht. Das Problem ist ja meist die Person vor der Maschine: viele Nähte waren einfach nicht sofort gerade und sauber, der Nahttrenner und ich haben bei diesem Projekt mal wieder viel Zeit miteinander verbracht. Ich bin schwer beeindruckt, wie Lee im Video in einem Zug den ganzen Rucksack durchnäht und tröste mich mit der Annahme, dass sie wohl schon mindestens ein Dutzend Stück genäht hat.
Weil mein Innenstoff in der Länge nicht mehr reichte, habe ich die Seitenstreifen unten mit einem Stück Oilskin verlängert, das nun innen der Boden ist. Ich hoffe, meine Idee, dass man dann den Boden innen auch einfach mal auswischen kann, bewährt sich in der Praxis. Die Träger habe ich einfach oben in der Naht mitgefasst. Die Gurtschnalle habe ich nicht nach Anleitung, sondern wie bei einem meiner gekauften Rucksäcke angenäht. So hängt das Trägerende sauber nach unten und nicht nach oben, und ich habe es noch mit einem Stück zum Ring genähten Falzgummi fixiert, das ich am Tag vor der Geschenkübergabe mit Stofffarbe bepinselt habe.
Überhaupt kann man sich bei so einem Rucksack mit den Details austoben Ende nie – I proudly present: Zipperschieber und Klemmschnallen aus Kupfer, verschiedene Labels und mein Logo, zusätzliches Band oben, damit die Träger nicht herunterklappen) mit kupferfarbenem Anorakdruckknopf und von der Tochter gerollte Fimo-Perlen als Anhänger für die Zipper-Schieber.
Der Rucksack wurde natürlich befüllt übergeben, die Seitentaschen sind jedenfalls wie gemacht für Schokoladetafeln …
Stoffe und Material selbst gekauft:
- BIO Dry Oilskin – Mind the Maker – in der Farbe Rust, Webstoff Dachshund und Gurtband (2,8cm) in der Farbe Slate, alles vom Stoffsalon
- Endlosreißverschluss von der Stoffschester
- Gurtschieber in Kupfer von Snaply, Kupfer-Zipper und -Anorakdruckknopf von Prym
- Labels von Kylie and the Machine (innen) und Jerseymutti (Seite)
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