Mein selbst genähtes Dirndl

Mein Dirndl ist ein Corona-Opfer. Anfang 2020 begonnen und großteils auch im gleichen Frühjahr fertig genäht. Bis auf die Knopflöcher und Knöpfe. Und dann kamen Lockdowns und niemand durfte und wollte mehr größere Feste machen, wo man ein Dirndl hätte anziehen können. Nicht, dass ich aufs Oktoberfest gehen hätte wollen, das ist ohnehin nicht »my cup of tea«, wie die Briten so schön sagen. Aber wenn man das Dirndl nicht im Alltag trägt, gab es einfach keine Gelegenheiten dafür, und die Angst, das schöne Dirndl, in das Stunden um Stunden an Arbeit geflossen sind, final mit den Knopflöchern noch zu ruinieren, wurde immer größer. Nach missglückten Versuchen mit dem dicken Knopflochgarn und der Nähmaschine, mindestens genau so erfolglosen handgenähten Probeknopflöchern, hing das gute Stück also eine ganze Weile im Schrank.

Aber bevor ich das Pferd jetzt von hinten aufzäume, fangen wir doch lieber ganz von vorne an. Genäht habe ich das hochgeschlossene Dirndl nach dem Buch »Mein selbst genähtes Dirndl« von Birgitt und Dorothea Wilhelm alias »Dirndlschleifchen«, erschienen im Servus Verlag. Und damit vermischen sich ausnahmsweise Beruf und Hobby: ich durfte das Buch nämlich als Lektorin begleiten. Die beiden Schnitte im Buch sind bewährte Schnitte von »Dirndlschnitte« (meine genäht Version heißt dort »Marie«). Fürs Buch haben Dorothea und ihre Mutter die beiden Dirndl noch einmal genäht, Anleitungsfotos fotografiert und die Anleitung mit vielen Tipps und Tricks so umgebaut, dass sie auch in Buchform gut funktioniert. Während des Lektorats entstand auch schon mein Nesselteil des Oberteils, der Rest war dann slow-sewing im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe hier wirklich ganz langsam und gemütlich jeweils in Teilschritten genäht und einiges ist hier ja auch Handarbeit, wie zum Beispiel das Stifteln des Rockteils, und funktioniert gut am Abend neben dem Fernseher.

Die Stoffe habe ich in Salzburg bei Trachten Beurle ausgesucht. Das Häuschen ist einfach entzückend und ich bin auch sehr nett beraten worden. Der Stoff für das Oberteil ist ein graues Fischgrätleinen, für das Rockteil habe ich einen mittelschweren mittelgrauen Baumwollstoff mit weißem Blümchendruck ausgesucht, laut Webkante ist der Stoff ein Handsiebdruck aus Vorarlberg, und für die Schürze einen leichten rotrosa Baumwollstoff, das Muster ist hier eingewebt. Gefüttert habe ich das Oberteil mit einem lila Trachtenstoff aus meinem Fundus, in Kombination mit dem doch relativ dicken Leinenstoff wäre eventuell ein dünnerer Futterstoff besser gewesen. Das Oberteil habe ich etwas gekürzt und vor allem die Rundung der Wiener Naht angepasst, die Paspeln am Oberteil sind selbst gemacht aus im schrägen Fadenlauf geschnittenen Streifen des Leinen und einer dünnen Schnur.

Der Rock besteht aus zwei Stoffbahnen, die erst zusammengenäht und dann mithilfe eines »Hanselbandes« mit der Hand gestiftelt werden. Ungefähr drei Footballabende habe ich Fäden eingezogen, bis der magische Moment da war und man endlich an allen Fäden anziehen kann, um das Rockteil zu raffen.

Die Schürze war deutlich schneller genäht: der Bund oben wird mit einem aufbügelbaren Vliesband verstärkt, das die Kanten bereits ausgespart hat. Gerafft habe ich hier mit der Nähmaschine, einfach weil es mir tatsächlich so besser gefällt. Dafür habe ich sowohl Rockteil als auch Schürze mit der Hand gesäumt.

Womit wir wieder bei den Knopflöchern wären. Mehr als ein Jahr später war dann tatsächlich die Gelegenheit da, das Dirndl endlich auszuführen: ein Buchpräsentation in trachtigem Rahmen war geplant und ich auf einmal doch unter Druck, endlich die Knopflöcher zu nähen. Schlussendlich also doch einfach mit der Nähmaschine und dem dicksten Nähgarn, das die Maschine noch bereit war zu vernähen. Die Knöpfe habe ich einem ausrangierten Dirndl geklaut.

Und weils dann auch schon egal war, habe ich mir in zwei Tagen noch schnell eine Dirndlbluse genäht. Konkret habe ich mich für die Dirndlbluse Doris von der »Dirndlmacherei« entschieden, dei einen V-Ausschnitt hat und damit meiner Einschätzung nach gut unter den Ausschnitt des Dirndls passen sollte. Die vorhandenen Blusen aus dem Familienfundus sind mir alle am Oberarm zu eng. Dementsprechend war ich schon ein wenig sensibilisiert und nach erstem Nachmessen am Schnittmuster habe ich bei den Ärmeln der Bluse eine Schnittanpassung vorgenommen, wie beispielsweise hier bei Burda beschrieben, und den Oberarm um ca. 4 cm weiter gemacht und auch den Armausschnitt etwas vergrößert. Den weißen Double Gauze dafür habe ich noch von meiner Oma, die Spitze hatte ich für meine Hochzeit gekauft und dann nicht verwendet. Die Bluse war tatsächlich recht flott genäht, die Belege habe ich mit Einlage verstürzt. Die Ärmelnaht habe ich mit einer französischen Naht genäht und die Nahtzugabe des Armausschnitts am Double-Gauze-Stoff abgesteppt, damit man die Nahtzugabe nicht durch die Spitze durchsieht. Laut Schnittmuster werden eigentlich 3 Knöpfe angenäht, ich habe die Bluse aber einfach unten zusammengenäht und nur ein Knopfloch oben gemacht. Der Stoff gibt ziemlich nach und ich hätte besser eine Größe 34 statt 36 genäht. Weil ich hier nicht nachträglich die Seiten- und Ärmelnähte wieder auftrennen wollte, habe ich vorne bei der Knopfleiste viel mehr überlappt, als vorgesehen. Nicht wirklich so, wie sich das gehören würde, aber nachdem man von der Bluse unterm Dirndl tatsächlich nur die Ärmel sieht, hat die Faulheit gegen den Perfektionismus gewonnen.

Note to myself: Was würde ich anders machen, sollte ich mir noch ein Dirndl nach gleichem Schnittmuster nähen? Für mich müsste der Rücken eigentlich noch eine Spur kürzer sein, Schulter etwas schmäler, damit hoffentlich die Falten an der Schulter verschwinden, Stehkragen steht hinten etwas ab, in der Taille dürfte es noch ein klein wenig enger sein, unbedingt Taschen einnähen, Schürze dürfte 1–2 cm breiter sein. Wer weiß, vielleicht ändere ich ja die eine oder andere Kleinigkeit noch nachträglich …

Und das Ende von der Geschichte: die Buchpräsentation wurde abgesagt. Ihr ahnt es schon: Corona-bedingt. Und mein Dirndl wurde bis jetzt nur fürs Fotografieren getragen. Aber nachdem so ein Dirndl ja bekanntlich nicht so schnell aus der Mode kommt, wird sich ja hoffentlich in Zukunft doch die eine oder andere Gelegenheit finden, das schöne Dirndl auszuführen.

Ich habe ein wenig herumgeschaut einige Linkparties gefunden, die ich noch nicht kannte. Verlinkt habe ich zu Handmade on Tuesday, Lieblingsstücke, Creativsalat, The Creative Lover.

Stoffe und das Schnittmuster der Bluse sind selbst gekauft, Buch und Schnittmuster sind meine Belegexemplare.

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