Charlie Caftan

Noch so ein Projekt, das ich schon seit Ewigkeiten nähen wollte: der Charlie Caftan von Closet Core Patterns. In der anglikanischen Nähcommunity ziemlich bekannt, wenn man sich die Summe der Einträge auf Instagram ansieht, sieht man diesen Schnitt in der deutschsprachigen Nähszene eher selten. Die englische Anleitung ist aber eigentlich recht gut zu verstehen, die größte Herausforderung beim Nähen ist wohl das Center Panel – hier muss man sehr sauber arbeiten, damit man nachher ein ordentliches Ergebnis hat.

Gekauft hatte ich den Schnitt schon vor knapp zwei Jahren, und direkt über dieplotterei.de ausdrucken lassen – das zahlt sich in diesem Fall wirklich aus, die einzelnen A4-Seiten zusammenkleben hätte hier doch eine Weile gedauert. Und seitdem lag der Ausdruck hier und wollte genäht werden. Im vergangenen Jahr hatte ich dann, eigentlich für ein anderes Projekt, 2,8 Meter dieses wunderbaren Viskose-Baumwollstoffs »Shade ochre« von Atelier Brunette gekauft, und für den heurigen Sommer hatte ich mir fix vorgenommen, das Projekt endlich anzugehen, motiviert von der Vorstellung, das schöne Kleid dann im Sommerurlaub in Italien tragen zu können – wie man sieht, habe ich mir hier erfolgreich die Karotte vor die Nase gehalten …

Im Schnitt gibt es drei Varianten, »Views« nennt sich das im Englischen. Ich habe hier »View C« genäht, die lange Version mit Bändern am Panel, um das Kleid etwas auf Figur bringen zu können, und den tiefen Kimonoärmeln. Genäht habe ich oben Größe 0, zur Hüfte hin auf Größe 4 erweitert. Der Schnitt ist sehr luftig, wahrscheinlich wäre das gar nicht nötig gewesen. Außerdem habe ich wie üblich für meine Körpergröße etwas gekürzt, in diesem Fall sowohl unten am Saum (der Schnitt ist unten komplett gerade geschnitten, die Weite entsteht hier nur durch die Raffung), also auch oben, und zwar habe ich ungefähr auf Brusthöhe ca. 1,5 cm herausgenommen.

Damit wird der Armausschnitt ein kleines bisschen weniger tief, und das Panel rückt eine Spur weiter oben. Ich denke, diese Anpassung war für mich genau richtig, das Panel sitzt jetzt von der Höhe her so, wie auf den Produktbildern vorgesehen.

Für das Nähen des erwähnten mittigen Panels, quasi das »Herzstück« dieses Schnitts, gibt es eine zusätzliche Anleitung mit Fotos auf der Webseite von Closet Core Patterns: >link (außerdem gibt es noch Beiträge zur Stoffwahl und Schnittanpassung), und dann auch noch eine für die Versäuberung dieses Panels von innen. Hier wird nämlich das gleiche Schnittteil von links noch einmal gegengenäht, um innen eine schöne, saubere Verarbeitung zu erreichen – wenn man es denn entsprechend hinbekommt … Ganz perfekt ist es mir nicht gelungen, aber ich bin soweit zufrieden und jemand anderer müsste schon sehr nahe kommen, um die kleinen Ungenauigkeiten zu sehen.

Den Großteil des Kleides habe ich wie immer Naht für Nacht über mehrere Tage verteilt zu Hause genäht. Den Rest konnte ich dann auf einem netten kleinen Nähtreffen in ein paar Stunden am Stück fertig stellen. Dabei habe ich prompt die gesamte Länge der Seitennähte zugenäht (nein, der Prosecco war nicht schuld, den hatte ich vorher schon umgeschüttet). Nach einer kurzen Nachdenkpause habe ich die Seiten dann wieder aufgetrennt und die Schlitze wie vorgesehen auf beiden Seiten genäht. Mit den Schlitzen hat man doch um einiges mehr an Bewegungsfreiheit. Und hatte ich schon erwähnt, dass das Kleid schöne große Taschen hat?

Die Nahtzugabe ist wie bei vielen englischen Schnitten schon integriert, ein bisschen ungewohnt war, dass sie mit 5/8 inch (ca. 1,6 cm) relativ groß ist. Simpler Trick ist da, sich ein Klebeband auf die Stichplatte der Nähmaschine zu kleben, damit man das nicht vergisst und auch leichter die Nahtzugabe entsprechend hält. Ein paar Wochen, nachdem ich den Schnitt drucken hatte lassen, gab es offenbar ein kleines Update, soweit ich das verstanden habe, wurde der V-Ausschnitt eine Spur weniger tief und der Ausschnitt offenbar einer Spur mehr abgerundet. Mir gefällt der Ausschnitt so, wie er ist, was gut ist, weil ich die E-Mail mit dem Schnittupdate schlicht und ergreifend vergessen hatte; erst jetzt für diesen Blog-Beitrag ist sie mir wieder untergekommen …

Ich weiß nicht, ob man den Fotos wirklich ansieht, wie zufrieden ich mit dem Ergebnis bin. Können wir bitte noch kurz darüber reden, wie schön dieser Stoff ist. Und wie perfekt diese matte Viskose, die doch ein bisschen Stand hat und nicht nur davonfließt (und nebenbei auch noch problemlos zu vernähen war), zum Schnitt passt? Wie wunderbar sich das Maxikleid anfühlt, wenn es einem der Wind um die Beine weht, müsst ihr mir jedenfalls glauben. Oder selber nachnähen …


Stoff und Schnitt selbst gekauft, schwer überzeugt von beidem. Mit diesem Blogbeitrag schaue ich zum MeMadeMittwoch , Lieblingsstücke und Creativsalat.

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